01.03. – Learn by Doing

Wir überquerten gestern die Grenze zu Lesotho, als es bereits dunkel war. Es war also nicht viel, was wir von diesem kleinen Königreich inmitten Südafrikas durch die verdunkelten Scheiben des Busses sehen konnten. Nach und nach wurden die Lichter und Hütten am Straßenrand spärlicher und die Straßen holpriger. Sieben Kilometer vor unserem Ziel fuhren wir nur noch im Schritttempo, denn der Asphalt wich einem steilen, steinigen Sand-Weg, der nicht für einen 20 Meter langen, und wer-weiß-wie-viele-Tonnen-schweren Reisebus gemacht schien. Dieser letzte Reiseabschnitt hatte auf jeden Fall mehr Pfeffer drin, als die Salatsoße in Ratanda (und das soll was heißen!).
Müde und nicht mehr des Sitzens fähig erreichten wir aber wohlbehalten die Malealea Lodge. Dort wurden wir in tiefster Dunkelheit, umgeben von Grillengezirpe und einem phänomenalen Sternenhimmel auf einzelne, kleine Hütten verteilt, die sich scheinbar auf einem größeren Gelände befanden.

Eva hatte uns bereits im Vorfeld eindrücklich von der Schönheit dieses Ortes vorgeschwärmt, aber dennoch hing uns allen die Kinnlade am Bauchnabel, als wir morgens aus den Betten krochen und unsere Umgebung bei Tageslicht zum ersten Mal sahen.

Wir sind hier im Paradies! Auf einem großen Gelände, scheinbar mitten im Wald, sind viele kleine Hütten und Häuser durch Pfade, Wiesen und Blumenbeete verbunden. Am Rand des Geländes bietet sich durch Baumlücken ein atemberaubender Blick auf weite grüne Täler und entfernter Bergzüge. Uns wird klar, dass wir uns hier auf einer Höhe von fast 2000 Metern befinden. Unser Proberaum hat einen Blick aus den offenen Türen und Fenstern auf eine regelrechte Herr-der-Ringe-Kulisse.

Jetzt wo Thomas dabei ist, finden wir den Taktschlag auch ohne frenetisch mit dem Kopf nicken zu müssen. Bei den Stücken, die wir mit den Lesedis zusammen spielen, habe wir jetzt aber zwei Dirigenten. Die jeweiligen Anweisungen von Thabang und Thomas unterscheiden sich nicht nur, sie widersprechen sich sogar manchmal. 
Diese From der Zusammenarbeit ist unglaublich horizonterweiternd, aber sie ist auch harte Arbeit. Interkulturelles Verständnis ist kein Selbstläufer. Es gibt keinen Blueprint für die Arbeit, die wir hier tun, keine Partitur. We learn, by doing.

Es gibt eine Ebene des Verständnisses, die sehr viel leichter fällt. Das ist das gemeinsame Singen und Tanzen. Das durften heute am Abend gleich mal ausprobieren. Thabang zeigte uns grundlegende Tanzschritte und Verse einiger Zulu-Songs, die wir dann gemeinsam mit den Lesedis tanzten und sangen. Dabei musste er nichts erklären. Die Lesedis machten es einfach vor und wir machten mit. Kein Erklären, kein Einzählen. Die Lesedis sangen einfach so lang und so oft, bis wir – erst zögerlich, einzelne Silben aufschnappend – irgendwann beherzt mitsangen und tanzten. Wir sind diese Form des Erlernens neuer Musik nicht gewohnt. Die Lesedis lernen so alle ihre Stücke. Im wahrsten Sinne: Learn by doing. Und es funktioniert wunderbar! Es war eine ganz unmittelbare Form des gemeinsamen Musizieren, die über alle Sprach- und Kulturgrenzen hinweg gemeinsame Gefühle freisetzte.

Ganz beseelt, mit Umarmungs-reichen Gute-Nacht-Wünschen gesegnet, gingen wir ins Bett, die verschiedenen Zulu-Klick-Geräusche übend und unser Lieblings-Lied der Lesedis auf den Lippen:

    Simbiza nge Nkosi (We call Him King)
    Simbiz‘ uMessiah (We call Him Messiah)
    Konke kwa vela ngaye (Everything came through Him)
    Thixo esimkhonzayo (The God we pray to)

    Waf‘ emqamlezweni (He died on the cross)
    Wa fela izono zethu (He died for our sins)
    Sibong‘ uthando lwakho Baba (We thank your love God)
    Thixo esimkhonzayo (The God we pray to)

(Übersetzung brought to you by Lebo)

Gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL mit Mitteln des BMZ






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